Die Werbung mit umweltbezogenen Angaben bleibt für Unternehmen ein regulatorisch komplexes und potentiell haftungsträchtiges Feld. Es ist aktuell zwar unklar, ob und, wenn ja, wann die EU-Kommission die Green Claims Directive noch weiterverfolgen wird. Dies ändert aber weder etwas an der sich immer weiter ausdifferenzierenden Rechtsprechung zu Greenwashing noch an der Umsetzung bereits beschlossener Vorhaben. Im Zuge dessen ist gestern in Deutschland der Referentenentwurf des dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) veröffentlicht worden. Das Gesetz dient insbesondere der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/825 zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen („Empowering Consumers for the Green Transition Directive – EmpCo-RL“).
Die EmpCo-RL trat am 26. März 2024 in Kraft und verfolgt unter anderem das Ziel, Greenwashing und irreführende Umweltaussagen zu unterbinden. Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen und so ihren Beitrag zum Übergang zu einer umweltfreundlichen, nachhaltigen Wirtschaft zu leisten. Dazu sieht die EmpCo-RL insbesondere Änderungen bzw. Ergänzungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken („UGP-Richtlinie“) vor. Diese muss der deutsche Gesetzgeber wiederum bis zum 27. März 2026 in das deutsche UWG implementieren.
Im Referentenentwurf ist eine im Wesentlichen wortgleiche Übernahme der Vorgaben der EmpCo-RL ins deutsche Recht vorgesehen.
Änderungen des UWG
Der Referentenentwurf erweitert entsprechend der Richtlinienvorgaben die Begriffsbestimmungen in § 2 UWG um eine Reihe von Definitionen, die im Zusammenhang mit Umweltwerbung relevant sind. Erstmals werden damit unter anderem Begriffe wie „allgemeine Umweltaussage“, „anerkannte hervorragende Umweltleistung“, „Nachhaltigkeitssiegel“ und „Zertifizierungssystem“ gesetzlich definiert. Für die Definition des „Verbrauchers“ wird auf § 13 BGB verwiesen.
Mit dem Ziel, Verbraucher in umweltfreundlichen Kaufentscheidungen zu bestärken, wird auch § 5 Abs. 1 UWG geändert. Künftig zählen ausdrücklich auch „ökologische oder soziale Merkmale“ und „Zirkularitätsaspekte, wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit“ zu den „wesentlichen Merkmalen“ eines Produkts. Damit wird gesetzlich klargestellt, dass irreführende Angaben zu diesen Eigenschaften als unlautere geschäftliche Handlungen anzusehen sind. Der Gesetzgeber unterstreicht damit die entscheidende Bedeutung von Umwelt- und Sozialaspekten sowie Zirkularität für die Kaufentscheidung der Verbraucher. Die praktischen Auswirkungen dieser konkreten Änderung dürften allerdings überschaubar bleiben, da entsprechende Merkmale wohl vielfach auch ohne Gesetzesänderung als wesentlich zu qualifizieren gewesen wären.
Deutlich relevanter ist die im Referentenentwurf vorgesehene Erweiterung des Katalogs der in § 5 Abs. 3 UWG aufgeführten irreführenden geschäftlichen Handlungen. Die geänderte Vorschrift stuft nun jede geschäftliche Handlung als irreführend ein, wenn „mit ihr gegenüber Verbrauchern eine Umweltaussage über die künftige Umweltleistung getroffen wird“, ohne dass entsprechend „klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen“ bestehen. Der Umsetzungsplan muss messbare und zeitgebundene Ziele sowie die zu ihrer Erreichung relevanten Elemente, wie die Zuweisung von Ressourcen, umfassen. Außerdem muss der Umsetzungsplan „regelmäßig von einem unabhängigen externen Sachverständigen überprüft“ werden. Dabei müssen auch „dessen Erkenntnisse den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden“. Die Anforderungen an Aussagen wie „Emissionsfrei bis 2030“ werden damit deutlich verschärft. Fragen nach dem notwendigen Detailgrad des öffentlich einsehbaren Umsetzungsplans, nach den Anforderungen an die Allokation der notwendigen Ressourcen oder der Auswahl des externen Sachverständigen werden der Konkretisierung durch die Gerichte überlassen bleiben und bis zu ihrer Klärung zu Unsicherheit in der Praxis führen.
Zudem aktualisiert der Referentenentwurf auch die Liste der Informationen, die für die Entscheidungsfindung der Verbraucher als wesentlich gelten und deren Vorenthaltung daher irreführend ist. Gemäß dem neuen § 5b Abs. 3a UWG handeln Unternehmer unlauter, wenn sie einen Produktvergleichsdienst anbieten und dabei über ökologische oder soziale Merkmale oder Aspekte der Zirkularität informieren, jedoch zentrale „Informationen über die Vergleichsmethode, die Produkte, die Gegenstand des Vergleichs sind, und die Lieferanten dieser Produkte sowie die Maßnahmen, die getroffen wurden, um diese Informationen auf dem neuesten Stand zu halten“, nicht bereitstellen.
Besonders praxisrelevant ist die Erweiterung der sog. „Schwarzen Liste“ im Anhang zu § 3 UWG, also jener Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen unlauter und deshalb per se verboten sind. Die erweiterte Liste nimmt gezielt Greenwashing-Praktiken ins Visier und umfasst unter anderem folgende neue Tatbestände:
- Nr. 2a: das Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das weder auf einem Zertifizierungssystem beruht noch von staatlichen Stellen festgesetzt wurde; die derzeit noch verbreitet verwendeten, selbst erstellten „Umweltsiegel“ ohne Zertifizierungssystem und klaren Aussagegehalt sind damit grundsätzlich nicht vereinbar.
- Nr. 4a: das Treffen einer allgemeinen Umweltaussage, für die der Gewerbetreibende keine anerkannte hervorragende Umweltleistung nachweisen kann; der Begriff der Umweltaussage ist entsprechend den Vorgaben der Richtlinie sehr weit gefasst und umfasst z.B. auch Elemente wie Bilder, Grafiken oder Symbole, sofern sie bestimmte positive Umweltauswirkungen suggerieren. Vage Slogans, die einen diffusen Eindruck von „Umweltfreundlichkeit“ erwecken sollen („Der Umwelt zuliebe“), werden mit diesen Vorgaben grundsätzlich nicht vereinbar sein.
- Nr. 4b: das Treffen einer Umweltaussage zum gesamten Produkt oder zu der gesamten Geschäftstätigkeit des Unternehmers, wenn sie sich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts oder eine bestimmte Tätigkeit des Unternehmers bezieht.
- Nr. 4c: das Treffen einer Aussage, die sich auf die Kompensation von Treibhausgasemissionen gründet und nach der ein Produkt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat.
Da es sich um (vergleichsweise) einfach aufzudeckende und zu verfolgende Verstöße handelt und entsprechende Praktiken per se verboten sein werden, ist hier in der Praxis auch mit erheblicher Aktivität von Verbraucherschutzvereinigungen, Verbänden und Mitbewerbern zu rechnen. Zusätzlich sind auch Schadensersatzansprüche von Verbrauchern denkbar. Für Unternehmen dürften damit die Haftungs- und Prozessrisiken zunehmen.
Der weitere Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens
Der Referentenentwurf wurde bereits an die Länder und Verbände zur Konsultation verschickt. Diese haben nun bis zum 25. Juli 2025 Gelegenheit, zu den geplanten Neuregelungen Stellung zu nehmen. Da es sich allerdings weitestgehend um eine wortgleiche Übernahme der Richtlinienvorgaben in deutsches Recht handelt, sind keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Der Kabinettbeschluss wird für das dritte Quartal 2025 erwartet. Vorbehaltlich des weiteren Verlaufs ist davon auszugehen, dass der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch bis zum Jahresende erfolgen könnte. Die Bundesregierung strebt an, das Gesetz überwiegend zum 27 September 2026 in Kraft treten zu lassen. Einzelne Regelungen sollen bereits am 26. Juni 2026 wirksam werden.
Die Anpassung der Regelungen zu umweltbezogener Werbung betreffen Unternehmen aller Branchen gleichermaßen. Unternehmen sollten sich (spätestens) jetzt damit befassen, welche Bereiche von den neuen Regelungen betroffen sind und welche Anpassungen zur Einhaltung der Vorgaben ggf. erforderlich sind. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie Ihr Unternehmen auf die neuen Rechtsvorschriften zu Umweltangaben und -kennzeichnungen vorbereiten können, wenden Sie sich gerne an uns.